GIN – EINE SPIRITUOSE, VIELE SORTEN
Bei genauem Hinschauen ist es verblüffend, wieviele Varianten sich unter der Bezeichnung „GIN“ sammeln. LONDON DRY, COMPOUND, SLOE, PINK, NEW WESTERN – was steckt hinter diesen unterschiedlichen Gin-Sorten und wie unterscheiden sie sich?
EU: NICHT DER GESCHMACK, SONDERN DIE HERSTELLUNG UNTERSCHEIDET
Denn das Wacholder-Aroma ist für die EU obligatorisch. Fangen wir mit dreien an, die in der EU-Spirituosenverordnung genauestens kategorisiert sind. Die Unterscheidung wird anhand von Faktoren bei der Herstellung getroffen. Eine Rolle spielen die Zutaten, der Umgang mit den Botanicals, dem Neutralalkohol (Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs mit Ursprungsalkoholgehalt von 96 % mindestens) und eventuellen Zusätzen.
Laut EU ist den ausgewiesenen Gins gemeinsam, dass sie:
- mindestens 37,5 % Alkoholgehalt
- eine Basis aus landwirtschaftlichem Neutralalkohol
- ein erkennbar ausgeprägtes Wacholder-Aroma
vorweisen müssen.
Das war es dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten. Schauen wir uns die EU-Kategorien nach Unterschieden in der Gin-Herstellung an.
DISTILLED GIN
- nach Mazeration (Aromatisierung) erneut, also zweifach, destilliert
- keine Zucker- oder künstlichen Aromenzusätze
LONDON DRY GIN

Der Herstellungsort muss nicht zwangsläufig London sein, ansonsten ist für diesen Gin zwingend vorgeschrieben:
- Mazeration in einem Schritt vor der Destillation
- Die Zutaten müssen alle natürlichen Ursprungs sein.
- Süßstoffergänzung bis zu höchstens 0,1 g Zucker / Liter ist erlaubt.
- danach erneut mindestens Dreifachdestllation
- keine weiteren Neutralalkoholzugabe
- keine künstlichen Farb- und Aromastoffe
- Klassiker im Duo mit Tonic Water
DRY GIN
- Nur natürliche Zutaten oder naturidentische Farb- und Aromastoffe dürfen verwendet werden.
- Der Zeitpunkt der Zugabe von Botanicals oder Gewürzen erfolgt chargenweise getrennt und ist zu jedem Zeitpunkt möglich
- mindestens Zweifachdestillation
- Süßstoffergänzung bis zu höchstens 0,1 g Zucker / Liter ist erlaubt.
SLOE GIN (in der EU-Spirituosenverordnung bei den Likören)

Gilt zwar in der EU-Verordnung als Likör, darf jedoch die Bezeichnung GIN weiter tragen, da die alkoholische Basis aus Gin besteht
- oft weniger als 37,5 % VOL
- rötliche Färbung
- Schlehen (engl. sloe) und Zucker werden in Gin eingelegt
- Ansatz (Mazeration) und Filterung, keine weitere Destillation
- geeignet für puren Genuss, sowie Cocktails
FREI UND KREATIV - AUCH IM GESCHMACK
Neben diesen bekannten EU-Kategorien haben sich noch eigenständige GIN-Sorten etabliert, die zwar nicht offiziell geschützt aber dennoch definiert sind und von den Herstellern einheitlich verwendet werden. Hier kann für die Unterscheidung nicht nur die Herstellungsweise interessant sein, sondern auch Geschmack und Farbe.
PINK GIN
- Trend aus Spanien
- pinke Färbung
- rote Früchte (Erdbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren.) werden in Gin eingelegt
- oft eigenwillig poppiger Geschmack, ähnlich Süßigkeiten
NEW WESTERN DRY GIN
- neue, zum Teil sehr außergewöhnliche Geschmacksvarianten
- Wacholder-Aroma steht nicht im Vordergrund
- Herstellung ähnlich DRY GIN
- weniger süß als OLD TOM, CORDIAL oder GENEVER
- für puren Genuss
RESERVE GIN / AGED GIN
Beim GIN ist keine Lagerungszeit vorgeschrieben, dennoch lassen einige Hersteller ihren GIN nach der Destillation noch in aromatisch neutralen Steingutfässern ruhen, bevor er verdünnt in in Flaschen abgefüllt wird. Anders beim RESERVE:
- wenige Monate Reifung in Holzfässern, z.B. in alten Brandyfässern
- komplexe Aromen
- goldbraune Färbung
- hochpreisig
MIT HISTORISCHEM BACKGROUND
OLD TOM GIN
Eine Hommage an den Beginn der Gin-Herstellung. Die damals noch in den Kinderschuhen steckende Destillationskunst erzeugte einen eher bitter schmeckenden „Gin“, der zur besseren Genießbarkeit großzügig mit Zucker verfeinert wurde.
- wird nach der Destillation gesüßt
- gut für Cocktails
CORDIAL GIN
- GIN-LIKÖR
- Premiumversion des OLD TOM
CREAM GIN
Ein seltener Gin mit historischem Bezug zur viktorianischen Ära. Anstatt nur Zucker, wurde hier raffinierterweise auch noch Milch oder Sahne zum „Gin“ gegeben.
- Basis: London Dry Gin
- Zucker und Sahne werden während Destillation zugegeben
- süß, cremig mit Zitrus- und Vanille-Aromen
COMPOUND GIN / BATHTUB GIN
Diese GIN-Kategorie beinhaltet auch für die Möglichkeit der GIN-Eigenproduktion. Die Botanicals werden dabei nicht räumlich, jedoch zeitlich getrennt in Schritten einem Neutralalkohol zugegeben. Dieser reichert sich zunehmend mit den Geschmacks- und Aromastoffen an. Wenn das gewünschte Geschmacksbild erreicht ist, werden die Zutaten möglichst gründlich herausgefiltert.
- nur Ansatz und Filterung, keine weitere Destillation
- Mazeration in Neutralalkohol getrennt nach Botanical, mit anschließender Mischung
- meist trüb, hellgelber Farbton
- mögliche Geschmacksänderung nachträglich durch feine Restpartikel
GIN MIT FESTEM WOHNSITZ
Zwar gibt es viele Gins mit Städte- oder Landschaftsnamen, doch die wenigsten sind bezüglich dieser Herkunft geschützt und müssen auch aus diesen Städten stammen. Ausnahmen sind hier der GIN DE MAHÓN (aus Menorca), der VILNIUS GIN (aus Lettland) und der bekannte PLYMOUTH GIN, der bis 2016 aus dem Südwesten Englands kommen musste und heutzutage nur noch von der Blackfriars Distillery im Originalrezept hergestellt wird.